Die SW100, die derzeitig amtierende Standard-Handschelle aus dem Hause Smith&Wesson, dessen Unternehmensname bei vielen Mitmenschen wohl eher Assoziationen mit Schusswaffen auslöst. Dass S&W auch (meines Erachtens recht präsent) im Markt der Stahlfesseln mitmischt, fiel mir eher zufällig vor vielen Jahren auf, als ich Handschellen insgesamt noch als “aus Metall, 2x runde Einzelteile, mit Kette verbunden” definierte und ich noch keine Ahnung von der technischen Vielfalt hatte.

Der Nachfolger der vielfach kopierten 90er existiert in vielfältigen Versionen. Am offensichtlichsten können wir nach der Farbe unterscheiden (matt vernickelt oder “Melonite”, also einem sehr dunklen Grauton, der ins Schwarz übergeht; darüber hinaus als s. g. beschichtete Weather-Shield-Modelle in sechs verschiedenen Farben). Aus technischer Sicht gibt es drei verschiedene Double-Lock-Systeme: einmal den Slot-Lock, den Push-Pin-Lock und den hier gezeigten M&P-Lever-Lock. Letzterer ist der Einzige, der sich ohne Hilfe eines Schlüssel betätigen lässt. Und eine weitere Unterscheidung lässt sich beim genauen Hinsehen noch entdecken: Einige Modelle werden statt mit Nieten vermutlich mit Hilfe von Clinch-Verbindungen gefügt. Leider bekam ich auf Nachfragen zu dieser Technik bis heute keine Antwort von Smith&Wesson. Hierbei wird, so meine derzeitige Sicht auf die Dinge, durch genau kalibrierte Stempel und vergleichsweise hohen Druck ein Teil des Deckelmaterials durchgesetzt in eine darunterliegende Öffnung. Das hier gezeigte SW100-Modell besitzt aber noch Nieten, die für den festen Zusammenhalt der Einzelteile sorgen.

Die Handschellen sind gespiegelt gefertigt, so dass, zeigen beide Verschlussbügel in eine Richtung, auch beide jeweils einseitig vorhandenen Schlüssellöcher zu sehen und zu erreichen sind. Gefertigt werden die Handschellen aus Carbonstahl, welches zum Korrosionsschutz nachträglich eine Nickelschutzschicht bekommt. Die Entriegelung mit Schlüssel erfolgt gegenläufig, d. h. zuerst in die eine Richtung, um den Double-Lock zu entriegeln, dann in die andere Richtung, um den Verschlussbügel zu öffnen. Die Verschlussbügel besitzen einen Aufziehschutz (radiale Rille im Verschlussbügel und punktuelle Materialdurchsetzung am Schlossdeckel). Die Kanten sind alle sauber entgratet, aber nicht extra zusätzlich abgerundet. Das Kaufdatum genau dieses Paares liegt etwa um das Jahr 2010, der Preis betrug ca. 35 Euro. Die Handschellen wiegen ohne Schlüssel 288g. Alle Daten sind selbst ermittelt. Herstellerinformationen werden als solche gekennzeichnet.

Die Maße zeigen, dass es sich um eine vergleichsweise kompakte Form von derzeit auf dem Markt befindlichen Handfesseln handelt. Offenbar scheinen die Kriminellen dieser Welt zunehmend (im wahrsten Sinne des Wortes) einer gewissen Leibesfülle zu entsprechen, so dass eine Handschelleninnenbreite von unter 50mm heute kaum noch zu finden ist. Die Technische Richtlinie der Polizei schreibt sogar 60mm Mindestdurchmesser vor. Eine Welt, in der die Fußschellen von heute zu den Handschellen von morgen werden. “Lady-Cracker” (damit bezeichne ich alles unter 50mm Schlossbügelweite) sterben langsam aus. Aber vielleicht bleibt uns die SW100 ja noch einige Zeit erhalten. Wer es noch etwas kompakter und/oder restriktiver (Definition je nach Einsatzzweck) haben möchte, könnte ja den Umbau auf 1 Kettenglied vollziehen. Praktische Versuche dahingehend und auch die Öffnung einer SW100 folgen in zukünftigen, aber noch nicht näher datierten Beiträgen. Für dieses Unterfangen benötigt der Autor noch “Schlachtware”, also alte, ausgediente, gerne auch defekte Handschellen. Wer etwas anzubieten hat mit Schwerpunkt S&W, darf sich gerne über die im Impressum genannte Mailadresse melden.

Der Verschlussbügel ist mit 3,8mm Stärke ordentlich dimensioniert. An seiner dünnsten Stelle im Bereich der Sicherheitsrille sind es immer noch 2,2mm. Die (gefräste) Verzahnung zeigt keine Beanstandung, seitliche Abflachung oder Verschleiß.

Die Schlosshöhe beträgt 9,4mm, die Bügel haben eine Stärke von 2,6mm. Das Schlossinnenleben selbst ist 4mm hoch. Auf den folgenden Bildern sind noch die Maße für den weitesten und den geringsten Innendurchmesser zu sehen. Diese entsprechen dem heutigen Durchschnitt.


Schloss- und Verschlussbügel besitzen eine Höhe von ca. 9,8 bzw. 9,5mm. Auf dem nächsten Bild ist noch die Zahnform abgebildet.

Fazit: Eine Standard-Handschelle durch und durch, dies mit einer guten Verarbeitung und vergleichsweise wenig Spiel. Beim Auto würde man wohl sagen: Spaltmaße passen – da scheppert nix!
Derzeit kostet das Paar ca. 50 Euro im Fachhandel, die Melonite’s liegen meist 5 Euro darüber. Wer sich heute ärgert, damals kein Paar 90er (Vorgänger) erstanden zu haben, um in den Besitz echter S&W’s zu kommen, der sollte darüber nachdenken, wenigstens eine Version der 100er in die Sammlung mit aufzunehmen, bevor deren potenzieller Nachfolger als Besseres der Feind des bislang Guten wird.
Laut eigener Aussagen von Smith&Wesson (Produktbroschüre) erfüllen alle S&W-Handschellen die NIJ-Anforderungen in Bezug auf die Stärke. Weiterhin heißt es dort: “All Smith & Wesson Handcuffs are proudly made in U.S.A.” Man stelle sich vor, Clejuso würde hierzulande einen ähnlichen Werbe-Slogan verwenden. Ich lasse das mal so stehen.
Anbei noch ein paar Detailimpressionen.



