Der Vergleich zwischen der Clejuso 12A und der 9

Und wieder mal ein Beitrag, der sich um das Mysterium der Nr. 9 rankt. Wobei diesen Zauber wohl nur Handschellen-Interessierte in Deutschland verstehen – rund um dieses Produkt “Made in Germany”. Im Rest der Welt scheint dieses Modell, sofern es Händler führen, durchaus einfacher erhältlich zu sein. Nur eben hier nicht. Als Gewaltmonopol innehabende Behörde (Polizei, Justiz, etc.) würde ich wohl auch nicht wollen, dass Vollstreckungsmaßnahmen unterlaufen werden, nur weil jeder einen passenden Schlüssel in der Tasche hat.

Vergleich 12A gegenüber 9
Zwillinge der Einfachheit halber

So bleiben hier die 9, die 119SH und die 209 dem normalen Bürger vorenthalten. Wie komme ich trotzdem an eine 9er? Entweder besitzt man im privaten Netzwerk jemand, der bei den entsprechenden Behörden oder Sicherheitsdiensten arbeitet, die sorgsam ausgewählt von Fa. Clejuso beliefert werden (gegen Nachweis!), man hat einen verlässlichen Freund im Ausland, der eine 9er kauft und weiterversendet (in Hoffnung der Zoll röntgt das Paket nicht) oder aber man baut sich eine Trainings-9er um (so wie ich). Letzte Alternative: die “9 für Nicht-Privilegierte”, sprich: die 12A.

Worin unterscheiden sich die beiden Modelle denn nun? Zumindest erstmal im Preis. Für eine originale Nr. 9 zahlt der Beamte derzeit rund 85 Euro, die 9er-Trainingsversion reißt mit rund 129 Euro ein ziemliches Loch in den Geldbeutel und die 12A liegt bei etwa 35 Euro. Damit ist die Frage doch schon geklärt?! Nicht ganz.

Die Behördenmodelle wurden zur Erfüllung der s. g. Technischen Richtlinie (TR) in ihrer Materialdicke verstärkt, besitzen zudem noch einen Aufziehschutz (der m. E. auch eine optische Aufwertung darstellt) und eben einen besonderen Schlüssel inklusive einer angepassten Schlossmechanik. Dies soll das Picking erschweren. Auch muss der Schlüssel zur Entriegelung des Double-Lock plus der Schlossfalle nur etwa 100°, also etwas mehr als eine Viertelumdrehung gedreht werden. Bei der 12A ist dazu noch eine 270° Drehung notwendig.

Aus Edelstahl gefertigt sind alle Modelle (bzgl. 12A und 9), wobei es für die 12A auch eine vernickelte Variante gibt, die unter 11A firmiert. Und wer etwas für schmalere Handgelenke benötigt, sollte einen Blick auf die Modelle 11/12 werfen – das „A“ kennzeichnet bei den Consumer-Modellen die Extra-Weite. Was wenige wissen: Auch die Nr. 9 gab es für eine kurze Zeit als vernickelte Version. Wer diese in der Sammlung besitzt, sollte gut darauf achtgeben.

Grundkörper
So unterschiedlich und doch Geschwister

Ok, was bedeutet jetzt aber „schmal“ und „weit“ usw. in Zahlen? Es handelt sich im Folgenden alles um gemessene Werte. Der Innendurchmesser beträgt bei beiden Modellen ca. 60mm. Das ist neben der allgemeinen Form und der Ausführung der Verschlussbügelniete und der Verbindungskette die so ziemlich einzige Gemeinsamkeit.

Verschlussbügelstärke: 3,15 / 3,4 mm
Schlossdeckelstärke: 2,0 / 2,5
Gesamtdicke am Schlosskasten 8,2 / 9,5 mm
DL-Hebel-Stärke 2 / 3 mm
(jeweils CL12A / CL9)

Vergleich der Verschlussbügel
Zähne zeigen

Aber es sind wie immer nicht nur die äußeren Werte, die zählen. Auch unter der sprichwörtlichen Haube unterscheiden sich ein paar Dinge. Während die Jedermann-Versionen mit einer einfachen Schlossfalle daherkommen, greifen bei den Behördenmodelle gleich drei Zahnrasten in den Verschlussbügel ein. Auch eine Forderung der TR.

Vergleich Materialstärke
Ein wenig dicker der Widerstandskraft wegen

Fazit: In diesem Fall gilt es, die eigenen Prioritäten zu hinterfragen. Insbesondere weil für den Preis einer Nr. 9 alternativ mindestens zwei Nr. 12A erstanden werden können. Legt man die Trainingsversion zugrunde, reden wir schon fast über Faktor 4. Allerdings hinkt Clejuso bei den Jedermann-Produkten seiner Zeit etwas hinterher, denn den s. g. Aufziehschutz (Rille in Verschlussbügel plus Durchsetzung in den Gehäusedeckeln) findet man heutzutage bei vielen Herstellern und Modellen schon von vornherein. Die Kanten der Clejuso-Handfesseln sind zwar überall abgeschliffen, jedoch längst nicht so perfekt abgerundet wie z. B. bei Modellen von ASP. Daher könnte es sein, dass der eine oder andere in diesem Fall doch paradoxerweise aufgrund der etwas geringeren Materialstärke zur 12A greift (was obligatorisch ist, kennt man niemand bei einer Behörde oder mag nicht viel Geld und Arbeit investieren, um sich eine „richtige“ 9 selbst aus einer Trainings-9er herzustellen). Was sich jedoch für alle der angesprochenen Modelle sagen lässt: sie sind ihren Preis wert, also preiswert. Bevor man in einen bei Ebay angebotenen „China-Kracher“ investiert, ist das Geld für eine 12A deutlich besser ausgegeben. Wobei Angebote über 45 Euro als Mondpreise zu betrachten sind. Und gebraucht sollten es selbst für Topmodelle nicht mehr als 30 Euro sein (was eine Zeitpunktbetrachtung darstellt – in 100 Jahren werden die heutigen Modelle vermutlich einen deutlich höheren Sammlerwert besitzen).

Hinweis: Bezüglich des Behördenmodells der Nr. 9 zeigt dieser Artikel in seinen Bildern die Trainingsversion der Nr. 9, die aber, bis auf den fest verbauten Schlüssel inkl. Rändelrad, identisch ist zur Behördenversion. Dies konnte ich mit dem zwischenzeitlich durchgeführten Umbau bestätigen.

Vielleich mag der/die eine oder andere ja auch eine nett formulierte E-Mail an die Fa. Clejuso verfassen, in der um eine Weiterentwicklung der 11(A)/12(A)-Modelle gebeten wird hinsichtlich Aufziehschutz und Materialstärke. Der Wechsel von der 12R (mit der Prägung „rostfrei“, so wie bei einem Suppenkochtopf) zu den jetzigen Modellen dürfte auch schon gut und gerne 20 Jahre her sein.